Warum hat Gott sich nur den Israeliten offenbart?

Nahaufnahme einer bunten Aquarellpalette mit einem in rote Farbe getauchten Pinsel.

Gott hat sich Israel offenbart, damit dadurch alle Völker der Erde erreicht werden. Gotteserkenntnis gab es aber auch außerhalb Israels.

Gottes Absicht mit der Erwählung Israels

Segen für alle

Abraham sollte ein Segen für alle Völker auf Erden sein.

Wir können davon ausgehen, dass Gott als Schöpfer der Welt alle Menschen liebt, nicht nur diejenigen, die zum Volk Israel gehören oder Nachfolger Jesu sind. Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass Gott Abraham dazu auserwählt hatte, ein Segen für „alle Geschlechter auf Erden“ zu sein (1. Mose 12,1-3). Als Gott mit Israel einen Bund schloss, machte er sie zu einem „heiligen Volk“ von „Priestern”, das heißt zu Vermittlern der Gotteserkenntnis (2. Mose 19,5.6). Gott hatte Israel also nicht dazu auserwählt, exklusiv Empfänger seines Segens und seiner Offenbarungen zu werden, sondern diesen Segen an alle anderen Völker weiterzugeben (5. Mose 4,6-8). Dafür war auch ihre geografische Lage ideal, dort kreuzten sich alle wichtigen Handelsrouten des Alten Orients. Leider waren es immer nur kurze Episoden, in denen diese Mission erfolgreich war (1. Könige 10), häufig übernahmen eher die Israeliten die heidnischen Religionen ihrer Nachbarn (z. B. Baalskult, 1. Könige 18).

Gotteserkenntnis auch in anderen alten Kulturen

Hinweise auf Erkenntnis des Schöpfergottes finden sich in vielen Ländern und Kulturen. Die Bibel berichtet über einen Priester namens Melchisedek, der Abraham segnete und von ihm Zehnten erhielt (1. Mose 14,18-20). Als Kanaaniter verwendete dieser den Namen „El Elyon” für den höchsten Gott. Das Wort El erscheint öfters in alten ugaritischen Texten (Theodorus C. Vriezen, Theologie des Alten Testamentes in Grundzügen, 1957, S. 167 f. u.a.). Er wurde von den Hebräern übernommen und für Jahwe verwendet. Wer erfahren auch von Moses midianitischem Schwiegervater, der Jahwe-gläubig war (2. Mose 18), vom Propheten Bileam (4. Mose 22) oder von Hiob, der ebenfalls kein Israelit war, aber den wahren Gott kannte (Hiob 1,1). Auch von anderen Kulturen gibt es spannende Berichte:

Die Inkas in Südamerika

Pachacuti, 1438-1471 n. Chr., König der Inkas, brachte die Inkas zur höchsten Blüte, baute die Hauptstadt Cuzco wieder auf und errichtet viele Festungen, darunter auch Machu Picchu, das von den spanischen Eroberern nicht entdeckt wurde. Die vom spanischen Priester Cristobel de Molina gesammelten geistlichen Gesänge der Inkas (die Inkas hatten keine Schrift) zeigen, dass Pachacuti Zweifel an der Verehrung des Sonnengottes Inti gekommen sind, weil die Sonne jeden Tag feste Bahnen und Zeiten einhält wie ein Arbeiter und durch Wolken abgeschwächt wird. Wenn Inti Gott wäre, müsste er auch einmal etwas Neues machen und dürfte sich durch nichts abschwächen lassen. So begann er, an einen Schöpfergott zu glauben.

In der Inka-Tradition findet sich der Glaube an Viracocha, den man vor Inti verehrt hatte. Pachacutis Vater Hatun Tupac hatte diesen Gott einmal im Traum um Rat gefragt. Viracocha hatte ihm dabei gesagt, dass er der Schöpfer aller Dinge sei. So begann Pachacuti den Gott Viracocha zu verehren. Auf einer Versammlung der Sonnenpriester in Coricancha verkündete er seine Zweifel an Inti: Er kann keine Weltgeltung haben, wenn er manchen das Licht vorenthält. Er kann nicht vollkommen sein, wenn er nicht in Ruhe verweilen kann. Er kann nicht allmächtig sein, wenn eine kleine Wolke ihn verdecken kann.

Über Viracocha aber sagte er, dass ungeschaffen sei, sich als Dreieinigkeit offenbare, umgeben von himmlischen Kriegern und Erzengel sei, alle Völker durch sein Wort erschaffen habe, die Menschen ernähre und das Prinzip des Lebens sei. Er allein verurteilt die Menschen und vergibt ihnen und befähigt sie, ihre üblen Neigungen zu bekämpfen.

Um rebellische Sonnenpriester zu besänftigen, ordnete Pachacuti an, dass Viracocha von der regierenden Kaste verehrt werden sollte, während das niedere Volk bei der Sonnenverehrung bleiben konnte. Die Inkas glaubten einer vagen Prophezeiung, dass Viracocha eines Tages Segen aus dem Westen bringen würde. Diese Prophezeiung und die monotheistischen Ansichten nützte Pizarro aus, gab vor, im Namen Gottes zu handeln und vernichtete die Inkas und ihr Königreich. (Don Richardson, Ewigkeit in ihren Herzen, VLM Verlag, Bad Liebenzell 1988, S. 37 ff.; alle Quellen dort)

Die alten Griechen: „dem unbekannten Gott“

Xenophanes, Plato und Aristoteles verwandten in ihren Schriften „Theos“ als Namen des allerhöchsten Gottes (vgl. Encyclopaedia Britannica, 15. Ausgabe, Bd 13, S. 951, Bd. 14, S. 538)

Allerdings verehrten manche Griechen offenbar auch einen Gott, den sie nicht beim Namen nennen konnten. Paulus stieß in Athen auf Spuren dieser Anbetung, weil auf einem Altar stand: „dem unbekannten Gott“ (Apostelgeschichte 17,23). Die Entstehung dieses Altars wird von manchen mit einer Person namens Epimenides in Verbindung gebracht:

Epimenides von Kreta ging auf Bitte der Athener zu ihnen, um ihnen bei einer Seuche zu raten und zu helfen. In Athen ließ Epimenides eine Herde schwarzer und weißer Schafe frühmorgens auf dem Mars-Hügel los und gab den Männern Anweisung, den Schafen zu folgen und zu registrieren, welche sich zur Ruhe legten. Der Gott, der die Seuche geschickt hatte, sollte seine Bereitschaft zur Hilfe zeigen, indem er selbst die Schafe aussuchte, die ihm geopfert werden sollten. Dazu sollte er die Schafe veranlassen, sich niederzulegen. Da die Schafe am frühen Morgen hungrig waren, würde sich normalerweise kein Schaf hinlegen. Doch tatsächlich legten sich eine Anzahl von Schafen zur Ruhe. Die Athener opferten sie auf Altären ohne Namen eines Gottes. Die Seuche endete daraufhin. (Diogenes Laertius, griechischer Autor des 3. Jh. v. Chr., Über Leben und Meinungen berühmter Pilosophen, übersetzt von Otto Apelt, Leipzig 1921; Verlag Felix von Meiner, Erstes Buch, Kapitel X, S. 55 f.). Weitere Anspielungen auf dieses Ereignis finden sich bei Aristoteles und Plato. Die Schriftsteller des Altertums Pausanias (Beschreibung Griechenlands, Bd. 1, 1:4) und Philostratus (Appolonius aus Tyrana) erwähnen, dass auf den Altären die Schrift eingraviert war „Dem unbekannten Gott“.

Die Santal in Indien

Die Santal in Indien, glaubten an Thakur Jiu, den „wahren Gott“, der den ersten Mann und die erste Frau erschaffen hatte. Sie ließen sich durch das Wesen Lita verführen, Satan ein Opfer aus Reisbier zu machen und den Rest zu trinken. Als sie aus dem Rausch erwachten, waren sie nackt und schämten sich. Die Nachkommen ihrer sieben Söhne und sieben Töchter wurden korrupt. Weil sie nicht mehr auf Thakur Jiu hörten, versteckte dieser ein heiliges Paar auf dem Berg Harata und vernichtete die Menschheit durch eine Flut. Die Nachkommen des heiligen Paares lebten in einer Ebene und wurden von Gott in Völker aufgeteilt. Die Vorfahren der Santal hatten sich auf ihrem Weg nach Osten mit den bösen Geistern eingelassen, um einen Weg über den Berg zu finden und dadurch den Kontakt zu Thakur Jiu verloren. Als die Missionare Skrefsruds (Norweger) und Börresons (Däne) ihnen 1867 von diesem wahren Gott mehr erzählten, ließen sich Tausende der Santal taufen.

Verschiedene Völker in Burma

Die Karen in Burma glaubten Y”wa, dessen Buch sie verloren hatten, das Weiße ihnen bringen würden. Ihre Propheten Bukhos lehrten sie, dass sie eines Tages ganz zu Y”wa, der alles geschaffen hatte, zurückkehren würden. Deshalb ließen sie sich auch nicht zu Buddhisten machen.

Gleiche Vorstellungen fanden sich bei den Kachin in Burma, deren Schöpfergott Karai Kasang hieß und dessen Buch sie verloren hatten. Die Lahu in Burma glaubten an Gui”Sha, dem Schöpfer aller Dinge, der ihren Vorvätern sein Gesetz – auf Reiskuchen geschrieben – gegeben hätte. Weil sie diese aufgegessen hatten, hofften sie auf einen weißen Bruder, der es ihnen wiederbringen würde.

Die Wa, ließen sich von einem Propheten Pu Chan nach 1880 überreden, Kopfjägerei und Dämonenbesänftigung aufzugeben und auf den weißen Bruder des verlorenen Buches zu warten, der ihnen vom wahren Gott erzählen würde. Indem sie auf Anweisung des Propheten einem Pony folgten, fanden sie den Missionar William Young, der gerade in einem Brunnen arbeitete.

Auch die Kui in Burma und Thailand, die Lisu in China und die indischen Naga (Name des Gottes: Gwang) glaubten an den wahren Gott mit dem verlorenen Buch und verehrten deshalb wie die anderen Völker keine Götzen.

Missionare haben von manchen Völkern Gotteserkenntnisse berichtet, die darauf schließen lassen, dass sie diese als Überlieferung von den Nachkommen Noahs her erhalten hatten oder dass sich Gott ihnen erneut offenbart hatte.

Fazit

Obwohl Gott das Volk Israel ausgewählt hat, um sich ihnen in besonderer Weise zu zeigen, schließt das nicht aus, dass es in anderen alten Völkern Offenbarungen und Gotteserkenntnis gab (und bis heute gibt). Zum einen haben sich alte Geschichten über Schöpfung und Flut erhalten, zum anderen haben Menschen Erfahrungen, Träume und Visionen gehabt, die ihnen Erkenntnisse vermittelt haben. Gott ist nicht darin begrenzt sich mitzuteilen und Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Dennoch fordert er diejenigen, die das Evangelium kennen, dazu auf, alle Völker damit bekannt zu machen.

Zum Nachdenken

  • Wenn Gott jemanden erwählt und beruft, geht es immer darum, dass andere dadurch gesegnet werden. Wie kann ich ein Segen für mein Umfeld sein?
  • Wie können Menschen, die noch nie in der Bibel gelesen haben, dennoch etwas über Gott erfahren?
  • Inwiefern ist mit einer höheren Erkenntnis Gottes auch eine größere Verantwortung verbunden?


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